Bremsanlage


Grundsätzliches


Die Bremse gehört zu den problematischsten Baugruppen des Barkas. Nicht nur, dass es ihr an heute selbstverständlichen Fahrhilfesysteme wie etwa dem Blockierverhinderer ABS fehlt - je nach Baujahr bzw Baustand des Wagens sogar auch an einer lastabhängigen Bremskraftregelung für die Hinterachse; die Bremsen sind darüber hinaus mäßig wirksam - weshalb sich stets das Einhalten einen besonders großen Sicherheitsabstandes zum Vordermann empfiehlt; sie sind wenig standfest, wartungsintensiv und die Beschaffung von Ersatzteilen befriedigender oder wenigstens ausreichender Qualität ist  schwierig.

Die Bremsen unterscheiden sich nicht grundlegend zwischen B1000 und B1000-1. Allerdings gab es beim B1000 unterschiedliche Ausführungen.

Der Barkas hat vorne und hinten hydraulisch betätigte Innenbacken-Trommelbremsen mit Gleitbacken. Um eine ausreichende Bremskraft zu erreichen und die erforderliche Bremskraftverteilung zu erzielen, sind die vorderen Bremsen in Duplex- und die hinteren in Simplex-Ausführung aufgebaut. In die vorderen Duplex-Bremsen sind mechanische Spreizeinrichtungen für die Hand-Feststellbremse eingebaut - die ihrerseits als Simplexbremse arbeitet. Durch diese Kombination aus hydraulischer Duplex- und mechanischer Simplexbetätigung ergeben sich große Probleme und die Bremse ist für einwandfreie Wirkung auf äußerst sorgfältige Einstellung angewiesen.


Grundinstandsetzung

Zur Grundinstandsetzung werden in jedem Fall benötigt:
- 2 Bremszylinder vorne links;
- 2 Bremszylinder vorne rechts;
- 2 Bremszylinder hinten.
- 4 Bremsbacken vorne;
- 4 Bremsbacken hinten.

Wenn die vorderen Backen OHNE die Handbremsexzenter geliefert werden (Lieferanten bei Bestellung fragen), ist dringend anzuraten,
- 2 Nachstellexzenter Handbremse
mitzubestellen. Beim Auswechseln der hinteren Zylinder an älteren oder nicht gut gepflegten oder im Winter betriebenen Fahrzeugen empfiehlt es sich dringend, die letzten Bremsleitungen (die auf dem Achslenker montiert sind) mitzubestellen. Meist sind hier die Verschraubungen eingerostet, so dass die Leitungen bei der Demontage unrettbar beschädigt werden.

Wenn das Auto älter ist und sie noch nie gewechselt wurden, ist auch den Austausch der
- Bremsschläuche (insgesamt 6 Stück)
anzuraten.

 

Einstellung/Nachstellen

Vorne geschieht das Nachstellen des Backenspiels über Nachsteller, die als Kappen über die Radbremszylinder gestülpt sind. Ein Gewindebolzen wird beim Nachstellen herausgedreht und vergrößert so den Abstand zwischen Kolben und Bremsbacke. So kommt die Backe wieder näher an die Trommel - der Pedal-Leerweg reduziert sich.
Bei der Grundeinstellung der Vorderbremsen muss neben dem für den Pedalweg verantwortlich Belagspiel auch die Handbrems-Grundeinstellung durchgeführt werden. Die Handbremse wird NICHT an den Stellschrauben der Betätigungsseile eingestellt, sondern am Exzenter. Auf diesem Exzenter ist der Hebel gelagert, an dem das Handbremsseil zieht; er stützt sich am Handbremssteg ab und bewegt, wenn am Seil gezogen wird, gleichzeitig einerseits die Backe mit dem eingeschraubten Exzenter, andererseits über den Steg die andere Backe in Richtung Trommel. Beim Verdrehen des Exzenters wird das Spiel zwischen Hebel und Steg beeiflusst, indem der Drehpunkt des Hebels näher in Richtung Radnabe oder näher in Richtung Bremsbelag gebracht wird.

Hinten ist die Konstruktion konventioneller. Hinten gibt es auch Nachsteller, allerdings nicht am Zylinder, sondern ganz normal in Form von Exzentern an der Bremsankerplatte. Diese bilden den Anschlag der Bremsbacke in deren Ruhestellung; wenn die Exzenter richtig eingebaut sind, bringt ein drehen "nach unten" die Bremsbacke näher an die Trommel. Der zugehörige Kolben des Arbeitszylinders kommt dabei in Ruhestellung weiter aus dem Zylinder; so verringert sich der nötige Pedalweg.
Diese Exzenter sind von hinter dem Rad aus zugänglich; es sollten Seckskante mit Schlüsselweite 17 sein. Ich empfehle zum Nachstellen grundsätzlich Ringschlüssel (am besten: flachgekröpft), keine Gabelschlüssel (norddt: Maulschlüssel); denn dann bleiben die Sechskante auch dann sechseckig, wenn die Nachsteller etwas schwergängig sind. Wenn die Nachsteller sich nicht drehen lassen und Einsprühen mit Rostlöser (über Nacht einwirken lassen) nichts hilft, lassen sich die Exzenter oft durch Erhitzen (bis kurz vor dem Glühen) wieder gängig bekommen.

Zur Diagnose und wenn das Nachstellen scheinbar nichts gebracht hat, empfiehlt sich folgendes: Handbremse anziehen und dann probieren, wie sich der Pedalweg verhält. Ist er dann schon beim ersten Mal kurz, dann liegt es mit Sicherheit an zu großem Bremsbackenspiel vorne... Dann nochmal vorne sorgfältig nachstellen.

Bleibt das Problem des zu großen Leerwegs bestehen, ist entweder immer noch Luft drin; oder das Bodenventil des HBZ ist defekt/undicht.

 

Entlüften
Wenn beim Ausbau der RBZ das System leergelaufen ist, anstatt das Pedal in teilweise gedrückter Stellung zu blockieren, damit die Flüssigkeit weitgehend drin bleibt, muss der betreffende Bremskreis komplett grundentlüftet werden - bei Einkreisbremse also alle sechs Zylinder und ggf. auch der LAD.

Das Entlüften der vorderen Zyl kann u.U. Probleme machen, wenn die Backen schon recht abgenutzt sind. Es kann dabei oben im Zyl eine kleine Luftblase bleiben, die man durch normalen Entlüften nicht recht raus bekommt. Das passiert vor allem, wenn die Zyl nicht korrekt nachgesteltt sind und die Kolben während des Entlüftens teilweise ausgefahren sind. Abhilfe kann bringen: Kolben beim Entlüften ganz in den Zylinder zurückdrücken, dann entlüften (2. Person). Wenn allein: Pedal in gedrückter Stellung blockieren (Latte reinklemmen o.ä.); dann Entlüfter öffnen, Kolben zurück drücken. Das Ganze an der anderen Seite auch.

Wenn definitiv keine Luft mehr drin ist, Bodenventil im HBZ prüfen oder (besser) ersetzen. Es sitzt bei der Einkreisbremse ganz “hinten” im HBZ, also auf der dem vom Pedal betätigten Stößel gegenüberliegenden Seite, und lässt sich nur durch komplettes Zerlegen des HBZ ausbauen und prüfen. Beim 2-K-HBZ gibt es pro Bemskreis eins. Die sind herausschraubbar nach Abschrauben der jeweiligen Bremsleitungen zu den beiden Bremskreisen. Das eine sitzt ganz hinten, wie beim 1-K-HBZ - nur eben praktischerweise von außen eingeschraubt; das andere sitzt von oben her drin, zwischen den beiden Anschlüssen für die Leitungen vom Vorratsgefäß.

Einstellen

Einstellen ohne die “durchlöcherte” Lehrtrommel ist ein bisschen Geduldsspiel. Es empfiehlt sich dringend, den Grat am Rand der Trommel entfernen, sodass sie sich auch bei korrektem Backenspiel noch an und abbbauen lässt. Falls keine Drehbank, dafür aber etwas Geschick und Gefühl zur Verfügung steht, sei folgende Behelfsmethode empfohlen:  Man baue bei aufgebocktem Vorderwagen die Trommel verkehrtherum auf die Radnabe, Bremse der anderen Seite ist noch komplett zusammengebaut. Motor starten und Gang einlegen, sodass sich die Trommel dreht (ruhig 3. Gang). Dann mit dem Winkelschleifer mit Papier- oder (besser) Fächerscheibe im spitzen Winkel den Grat rausschleifen. Vorsicht: NICHT mit der Scheibe in die eigentliche “Lauffläche” der Trommel kommen; nur den Grat entfernen! – WICHTIG: Das Rad sollte dabei nicht "frei hängen". Dabei wird der Knickwinkel der Antriebsgelenke recht groß - das tut ihnen nicht gut. Lenkt man dabei auch noch voll ein, kann das äußere Gelenk Schaden nehmen.

Wenn also nun die Trommel am Rand schön flach aufhört, kann man sie beinahe benutzen wie eine Lehrtrommel. Trommel aufsetzen, sie darf nicht schleifen. Eine Bremsbacke am Zyl nachstellen, bis sie beim Drehen der Tommel leicht zu schleifen beginnt. Trommel vorsichtig abnehmen, ohne sie zu verkanten (sonst gehts nicht). Jetzt ist zu sehen, wo die eben nachgestellte Backe zuerst anliegt (oben oder unten). Backe bei abgenommener Trommel zentrieren - also etwas in die Richtung schieben (ggf. kleines Kunststoffhämmerchen nehmen), wo sie nicht geschliffen hatte. - Naja, diesen Vorgang dann so lange wiederholen, bis die Backen gleichmäßig “tragen” - dann sind sie korrekt zentriert und eingestellt. Versierte Schrauber machen das Becken zentrieren auch so: Backen ungefähr einstellen, bis sie zu schleifen beginnen. Trommel montieren, Motor starten, Vorwärtsgang rein, Bremspedal drücken, bis der Motor (fast) abgewürgt wird. Dann das gleiche nochmal im Rückwärtsgang. Und nochmal vorwärts. - Dadurch sollten sich die Backen durch die Bremskräfte selbst zentrieren - ist aber Gefühlssache. Motor aus, ggf. nochmal nachstellen...

Wichtig ist, dass die Beläge bei nicht getretenem Pedal GAR NICHT schleifen, notfalls wieder ein bisschen zurückstellen. Dann sollte sich das im RHB angegeben Spiel eingstellt haben - und korrekter Pedalweg vorliegen.

Eine Hilfe, zu sehen, wo die Beläge tragen: Bei neuen Backen sieht man es sowieso - da, wo sie schleifen, glättet sich die zuvor raue und matte Oberfläche. Beim Wiederzusammenbau mit schon gelaufenen Backen sieht man es nicht, die sind ohnehin glatt und leicht glänzend. Man kann aber die Bremsfläche der Backen mit mittelfeinem Schleifpapier (180er bis 240er) vorsichtig überschleifen, dadurch werden sie matt und man sieht den Unterschied. Aber Vorsicht: an allen vier Backen einer Achse sorgfältig genau gleich arbeiten, sonst erzeugt man Reibwertunterschiede und die Bremse wird - zumindest bis sie sich durch Belagverschleiß wieder ausgeglichen hat - wahrscheinlich schief ziehen.

Und, vor allem bei den alten, originalen, dunkelroten Cosid-Belägen: den Schleifstaub nicht einatmen oder mit Pressluft in der Gegend rum blasen; diese Original-Beläge waren asbesthaltig, und Asbeststaub einzuatmen ist nicht wirklich gesundheitsfördernd, dafür aber stark krebsfördernd. (Ich neige dazu, bei Arbeiten an der Bremse einen einfachen Mundschutz (Lackierermaske) zu tragen.)

Zylinder regenerieren

Neue Original-Radbremszylinder sind kaum noch zu bekommen; und wenn es noch welche gibt, ist es auch naheligendden Gründen mindestens 30 Jahre alte Lagerware, deren Funktionssicherheit auch zweifelhalt ist: sie können, je nach Lagerung, schon Korrosionsschäden aufweisen; und die Manschetten sind auch gealtert, obwohl die Zylinder nicht in Gebrauch waren. – Die (meist in Ungarn) nachgefertigten Zylinder sind nur dann zu empfehlen, wenn sie vor dem Einbau sorgfältig überprüft werden. Es gibt eine Reihe von Berichten über Zylnder mit Fertigungsfehlern – etwa unzureichend bearbeiteten Laufflächen, die dann zu Undichtigkeiten führen. Es ist anzuraten, die Zylinder vor dem Einbau sorgfältig zu überprüfen – insbesondere den/die Kolben zu entnehmen, die Laufflächen zu überprüfen und auch die Manschetten genau auf Beschädigung und Versprödung zu kontrollieren. – Vorsicht beim Wiedereinbau, Dichtlippe nicht beschädigen!

Korrodierte oder beschädigte Zylinder können regeneriert werden. Wenn man sichdas nicht selbst zutraut oder wenn die Rostnarben so tief sind, dass mehr Material abgenommen werden muss und daher der Einbau eines neuen Kolbens – evtl. in Übergröße – erforderlich ist, empfiehlt es sich, die Zylinder zum Überholen an einen entsprechenden Betrieb zu geben. - Leider hat die früeher bekannte Firma Siegfried Mallin in Großbrembach ihren Betrieb geschlossen. Eine ratsame Alternative ist nach Aussagen von Forenmitglied York "Barkasbauer" die Fa. Vogel in Dresden:

Jürgen Vogel Kfz Reparatur
Grimmstraße 34
01139 Dresden
Telefon 0351 8305845

ACHTUNG: Nicht zu verwechseln mit der Firma Vogel Hydraulik in der Nachbarschaft! Wenn man die Zylider dorthin schickt, werden sie nie ankommen!

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Willkommen beim neuen Barkas-Wiki

Das alte Wiki ist abgestürzt. Zum Glück haben wir einige Sicherungskopien bekommen und bemühen uns nun, nach und nach alles wieder aufzubauen. Das kann aber eine Weile dauern getreu dem Motto: "Wenn ein Mann sagt, er macht das, dann macht er das, und man muss ihn nicht alle halbe Jahre daran erinnern."

Verantwortlich für das Wiki sind zur Zeit Tommy und Zottel.

Fragen und Anregungen zum Barkas-Wiki dürft ihr (gern auch per PN) im Barkas-Forum unter www.barkas.de stellen.

 

 

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